Protokoll der Mitgliedervollversammlung der Partei DIE LINKE Bezirksverband Neukölln am 8. Februar 2008 in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule

Beginn: 18.20 Uhr
Ende: 22.00 Uhr

An der Mitgliedervollversammlung nahmen 47 Genossinnen und Genossen teil.

TOP 1: Begrüßung, Tagesordnung, Wahl der Versammlungsleitung

In die Tagesordnung wird der TOP Flughafen Tempelhof aufgenommen. Danach wird die Tagesordnung bei 1 Enthaltung bestätigt.

Als Versammlungsleitung wird bei 1 Gegenstimme gewählt:
Gen. Klaus-Dieter Heiser
Gen. Christian Posselt

TOP 2: Situation der Beschäftigten im öffentlichen Dienst Berlins

Zu diesem Tagesordnungspunkt lag ein Antragsentwurf für den Landesausschuss DIE LINKE.Berlin vor, der von Gen. Werner Halbauer begründet wurde.

An der Diskussion beteiligten sich 17 Genossinnen und Genossen, z.T. mehrmals.

Der Antrag (Anlage 1) wurde mehrheitlich bei 7 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen bestätigt.

Zuvor fand ein Änderungsantrag von Gen. Malte Kruchelts keine Mehrheit.

TOP 3: Zukunft des Tempelhofer Feldes

Zu diesem Tagesordnungspunkt lag ein Antrag von Thomas Hinrichsen und Thomas Licher vor: „Der Flughafen Tempelhof muss naturgrün werden – aktive und effektive BürgerInnenbeteiligung ist demokratische Voraussetzung“.

An der Diskussion beteiligten sich 14 Genossinnen und Genossen, z.T. mehrmals.

Es wurde mit großer Mehrheit beschlossen, den Antrag in überarbeiteter Form entsprechend der Diskussion, vor allem zu den Adressaten der Forderungen, als Antrag zur Behandlung auf dem nächsten Landesparteitag einzubringen (Anlage 2).

TOP 4: Hartz-Rechtsberatung in Neukölln

Gen. Klaus Peter Dauks berichtete über den Stand der Einrichtung einer juristischen Hartz-IV-Beratung der LINKEN in Neukölln.

Der Bericht wurde von der Versammlung zur Kenntnis genommen. Mehrere Genossinnen und Genossen äußerten sich kritisch zum Projekt, eine juristische Hartz-IV-Beratung der LINKEN in Neukölln einzurichten.

TOP 5: Kommunalpolitische Tagung in Neukölln

Der MVV lag eine schriftliche Information von Gen. Thomas Licher und Gen. Christian Posselt vor über den Stand der Vorbereitung der kommunalpolitischen Tagung des Bezirksverbands Neukölln der Partei DIE LINKE am 12. April 2008 von 10 bis 18 Uhr in der Richard-Grundschule und im Zentrum der LINKEN am Richardplatz.

In der Diskussion wurden die Punkte Jugend/Ausbildungsplätze/Arbeitsplätze ins Konzept aufgenommen.

Die Information wurde zustimmend zur Kenntnis genommen.

TOP 6: Sonstiges

Informiert wurde über:

  • den Inhalt der nächsten Ausgabe der Bezirkszeitung „neuköllnisch“;

  • die Unterstützung des Wahlkampfes zur Bürgerschaft in Hamburg;

  • die Kundgebung und Veranstaltung zum 100. Geburtstag von Olga Benario am 12. Februar 2008

 


Anlage 1:

Antrag an die Tagung des Landesausschusses DIE LINKE.Berlin am 22. Februar 2008

Gegenstand: Zu Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst in Berlin

Antragsteller: Mitgliedervollversammlung des Bezirksverbandes Neukölln der Partei DIE LINKE am 08.02.2008

Einreicher: DIE LINKE. Berlin, Bezirksvorstand Neukölln

Der Landesausschuss möge beschließen:

 

  1. Der Landesverband Berlin der Partei DIE LINKE solidarisiert sich mit den Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes und unterstützt deren Forderung nach kräftigen Lohnerhöhungen. Berlin muss wieder Anschluss an das Tarifniveau im Bundesgebiet gewinnen. Nach Auslaufen des Anwendungstarifvertrages Ende 2009 muss es auf dieses Niveau zurückkehren.

  2. Er fordert die Fraktion der LINKEN im Abgeordnetenhaus und die Mitglieder im Senat auf, diese Position zu vertreten.

  3. Er unterstützt Aktionen, Demonstrationen und Streiks der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaften mit entsprechenden Aufrufen und organisiert Veranstaltungen, um für deren Anliegen eine breite öffentliche Unterstützung zu erreichen. Dabei bemüht er sich um ein breites Bündnis und auch gezielt darum, die SPD in gemeinsame Aktionen mit einzubeziehen.

Begründung:

Seit 2003 gilt in Berlin der so genannte Anwendungstarifvertrag (ATV). Dieser Vertrag sieht vor, dass die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes (ÖD) im Austausch gegen Arbeitszeitverkürzung auf Lohn verzichten. Gleichzeitig wurde darin eine Arbeitsplatzsicherung vereinbart. Der Vertrag läuft bis Ende 2009. Ihm stimmten seiner Zeit die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Industriegewerkschaft Bau, Agrar und Umwelt (IG BAU) unter dem Vorbehalt zu, dass bei Tariferhöhungen nach dem Bundestarif der ATV überprüft werde. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) stimmte dem ATV für den Bereich der Lehrkräfte nicht zu, weil sich der Senat weigerte, die geplante Arbeitszeitverkürzung durch entsprechende Personaleinstellung aufzufangen. Seitdem befinden sich die angestellten Lehrer Berlins im tariflosen Zustand.

Dieser ATV brachte den angestellten Beschäftigten seitdem einen Reallohnverlust von 8 bis zu 20 Prozent und dem Senat eine Ersparnis von ca. 1,4 Milliarden Euro. Währenddessen wurde der Stellenabbau im Öffentlichen Dienst mit der entsprechenden Arbeitsmehrbelastung unvermindert fortgesetzt. Inzwischen wandern immer mehr in Berlin ausgebildete LehrerInnen, PolizistInnen und andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes wegen der großen Lohndifferenz in andere Länder ab.

Aufgrund der Reallohnverluste fordern die Beschäftigten des ÖD und ihre Gewerkschaften seit Monaten mit Aktionen und Warnstreiks, dass der Senat Verhandlungen aufnimmt über ihre Forderung nach Zahlung von 3 x 300 Euro Inflationsausgleich und eine tarifliche Angleichung der Entgelte um 2,9 % im Jahr 2008 (Gesamtvolumen ca. 100 Millionen Euro). Die allgemeine Teuerung bei den Grundbedürfnissen liegt dieses Jahr weit über 2%. Die große Zustimmung der Bevölkerung zum Streik des Zugpersonals zeigt die allgemeine Unzufriedenheit mit dem Abbau der Reallöhne. Für 2008 fordern die Gewerkschaften für den öffentlichen Dienst in Kommunen und Bund Tariferhöhungen von über 8 Prozent, für die Beschäftigten der BVG 12 Prozent. Diese Forderungen sind angesichts des Reallohnabbaus der vergangenen Jahre und der günstigen Entwicklung der Steuereinnahmen berechtigt.

Am 2. Oktober 2007 lehnte es der SPD/LINKE-Senat mit den Stimmen der LINKEN ab, Tarifverhandlungen aufzunehmen. Am 7. Oktober bekundete unsere Fraktionsvorsitzende Carola Bluhm in den Medien Verständnis für die Forderungen der Gewerkschaften und weckte die berechtigten Erwartungen, dass die LINKE deren Anliegen im Senat auch gegen die SPD unterstützen würde. Nachdem der Regierende Bürgermeister Wowereit (SPD) am 13. Oktober 2007 Lohnerhöhungen strikt abgelehnt hatte, veröffentlichte der Landesvorstand eine Erklärung, in der die Aufnahme von Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften an die Bedingung geknüpft wurde, dass die Gewerkschaften ihre Bereitschaft erklären, auch nach 2008 weiterhin durch Lohnverzicht zur Haushaltskonsolidierung beizutragen.

Diese Linie widerspricht klar der Intention des Beschlusses des 1. Landesparteitages der LINKEN, in dem sich die LINKE für die Rückkehr in den Tarifvertrag der Länder ausgesprochen hat. Bundesweit gütige Tarifverträe haben ja gerade zum Inhalt, einheitliche Entlohnung über die Ländergrenzen hinweg zu erreichen, um Lohndumping einzelner Bundesländer und Kommunen zu unterbinden.

Es verwundert dann angesichts solcher Forderungen nach Lohnverzicht auch nach 2008 nicht, dass den Mitgliedern der LINKEN auf den Kundgebungen der Gewerkschaften teilweise mit offener Ablehnung begegnet wird. Eine Partei, die für sich in Anspruch nimmt, die sozialen Interessen der Lohnabhängigen und Arbeitslosen und ihrer Familien zu vertreten, macht sich mit dieser Politik unglaubwürdig und wird die Hoffnungen der Wähler und Parteimitglieder abermals enttäuschen. Diese Schlussfolgerung wird durch die Analyse der Abgeordnetenhauswahlen 2006 und durch die Mitgliederbefragung in Marzahn/Hellerdorf nur bestätigt.

Wir haben als LINKE in Berlin auch eine bundespolitische Verantwortung. Ein zentrales Wahlkampfthema bei den Landtagswahlen in Hessen ist die zusammen mit den Gewerkschaften geführte Kampagne für eine Rückkehr Hessens in den TVöD. Die konservative Regierung in Hessen war aus dem Arbeitgeberverband ausgetreten, um so die Löhne im ÖD zu senken. Es ist eine Katastrophe für unsere Partei in Hessen, wenn Koch im Wahlkampf darauf verweisen könnte, dass auch die rot-rote Regierung in Berlin es ablehne, die Bedingungen des TVöD zu erfüllen.

Die Haushaltsnotlage der Kommunen lässt sich nur durch eine radikale Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten lösen. Für diese Auseinandersetzung brauchen wir den Schulterschluss mit den lohnabhängig Beschäftigten und ihren Gewerkschaften. Wer die sozialen Interessen der Mehrheit der Bevölkerung missachtet, beraubt sich der Kraft, soziale Verbesserungen durchzusetzen und schwächt die LINKE als politische Alternative zur Sozialdemokratie.

Wir werden nur dann als Partei überleben und mehr Arbeitnehmer/innen für unsere Partei gewinnen können, wenn wir an der Seite der Betroffenen den sozialen und politischen Druck auf die Regierenden, in Berlin auf den Koalitionspartner, erhöhen. Ob die SPD in Berlin deswegen die Koalition platzen lassen würde, ist fraglich. Denn die SPD in Berlin kann ihre scheinbare Stabilität und ihr linkes Image nur dann beibehalten, wenn links von ihr auf der politischen Bühne in Berlin keine Alternative sichtbar wird.

Der Landesvorstand plädiert im DIE LINKE.Berlininfo vom Dezember für eine strategische Zusammenarbeit DER LINKEN Berlin mit den Gewerkschaften. Wir begrüßen diese Absicht aus den oben genannten Gründen ausdrücklich. Doch die notwendige Glaubwürdigkeit erreicht man nur, wenn den Worten auch entsprechende Taten folgen.

Anlage 2:

Den Flughafen Tempelhof zum Park ausbauen – demokratische Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern notwendig!

Der Landesparteitag möge beschließen:

DIE LINKE.Berlin unterstützt die endgültige Schließung des Flughafens Tempelhof zum 31. Oktober 2008.

1.

Nach Schließung des Flughafens Tempelhof soll das Gelände der wohnortnahen Erholung der Bürgerinnen und Bürger Neuköllns, Tempelhofs, Kreuzbergs und aller anderen Berlinerinnen und Berliner dienen.

2.

Das Tempelhofer Feld bietet mit seiner Fläche von 4,5 Quadratkilometern das Potential eines zweiten Tiergartens. Ähnlich dem New Yorker Centralparc wäre ein »Centralflughafenpark« vorstellbar. Zusammen mit der Hasenheide sollte die Fläche in ein übergeordnetes Grünflächenkonzept eingebunden werden. Hier könnte eine Erholungsfläche mit ausreichendem Platz für Freizeitsport – unabhängig von Vereinszugehörigkeit –, Hundeauslauf, Grill- und Spielplätzen, Kinderplanschbecken und Kunstaktionen entstehen.

3.

Für das Tempelhofer Feld bedarf es eines berlinweit diskutierten Gesamtkonzepts. Der Landesvorstand setzt sich dafür ein, dass dieses Gesamtkonzept in einem transparenten Planungsverfahren unter aktiver Beteiligung von interessierter Bürgerinnen und Bürger etwa in Form von Anwohnerräten, von Bürgerinitiativen wie unter anderem BIFT und NANU THF und der Bezirke erarbeitet und entschieden wird.

4.

Eine ausschließlich der Haushaltskonsolidierung dienende Vermarktung, die die städtebaulichen Möglichkeiten außer Acht lässt, ist abzulehnen. Das innerstädtische Kaltluftentstehungsgebiet darf nicht durch eine Randbebauung verkleinert und in seiner Wirksamkeit nachhaltig beschädigt werden.

Aus Neuköllner Sicht ist im Besoneren von einer Bebauung des 300 m breiten, zu Neukölln gehörenden Streifens westlich der Oderstraße abzusehen, auch diese Fläche sollte als Grünanlage zwecks Naherholung der Neuköllnerinnen und Neuköllner wiederhergestellt werden. Dazu bedarf es einer Änderung des Flächennutzungsplans. Die Bauabsichten auf dem anschließenden Gelände des Thomaskirchhofes sind abzulehnen.

Der Landesvorstand und die Fraktion im Abgeordnetenhaus wirken einer potentiellen Steigerungen der Mieten nach der Flughafenschließung entgegen. Insbesondere sind höhere Einstufungen von Wohnlagen nach dem Berliner Mietspiegel durch die Schließung des Flughafens Tempelhof zu verhindern.

5.

Der Landesvorstand richtet auf Landesebene ein Kompetenzteam ein, dem auch Genossinnen und Genossen aus den Basisorganisationen der Bezirke angehören, welche bereits in Sachen Flughäfen aktiv sind. Dazu sind mehr Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit für Unterstützung und Zusammenarbeit mit den Bürgerinitiativen zu etatisieren.

6.

Es erstrebenswert, das Thema Nachnutzung der Flughäfen Tempelhof und Tegel zu nutzen, um die Diskussion in der Berliner LINKEN zum Komplex Umwelt und Klima sowie alternative Energien und deren Wirtschafts- und Arbeitsplatzpotential zu forcieren und in praktische Politik zu verwandeln.

7.

Unabhängig vom Ausgang des Volksentscheids wird DIE LINKE.Berlin am »Tag des Offenen Flughafens« am 4. Mai 2008 präsent sein.